Part 2 - Oder die Stadt mit dem besten Essen

Everything happens for a reason und obwohl ich zu diesem Zeitpunkt den Grund (noch) nicht kannte, warum das Universum mich in Kuala Lumpur behalten wollte, habe ich, nachdem ich den Schock des verlorenen Passes überwunden hatte, die Gesamtsituation als Chance gesehen, die Stadt kennen zu lernen. Wie ist das besser möglich als mit Nina, die schon so oft hier gewesen war und diese und jene Ecken, Läden, Restaurants und Bars kannte? Dann also los, auf ins Grossstadtleben. Vier Tage später hatte ich bereits den ersten Städtekoller. Bisher war ich nirgends länger als maximal drei Tage geblieben, ausser auf Koh Lanta aber da hatte ich schliesslich aus freien Stücken eine Woche lang meine Mussestunden am Strand genossen. Ich ging also vier Tage lang einkaufen, habe unzählige kopi susu (Milchkaffee) und kopi ais (Eiskaffee) geschlürft und bin so lange herumgelaufen, bis mir Füsse und Rücken den Dienst versagten und da kam ich langsam aber sicher an den Punkt, an dem ich nur noch weg wollte.

 

Meine Familie dachte zu dieser Zeit noch, ich hätte spontan verlängert und würde freiwillig eine Woche in einer riesigen Stadt verweilen, obwohl ich eigentlich nur weiter nach Indonesien wollte. Freiwillig, ja, genau! Wie dem auch sei, ich konnte weder vor noch zurück, denn das Wochenende wurde bald eingeläutet und das bedeutet für fast alle Menschen Jubel und Freude. Für mich aber bedeutete es, weitere zwei Tage warten, bis sich die Schweizer Botschaft in Bangkok am Montag meinem Fall wieder annehmen und endlich, endlich den neuen Pass ausstellen würde. Welche Ironie, dass ich, die zu Hause für das Wochenende lebt, mir noch niemals im Leben sehnlicher den Montag herbeiwünschte. Widerwillig biss ich also in den sauren Apfel und stürzte mich dafür mit allem Elan in die Shoppingmalls, bis ich mir ob der Klimaanlage beinahe eine Lungenentzündung holte, kaufte mir ein wallendes Strandkleid und dazu passende Sandalen und trank in der berühmten Skybar den teuersten Raspberry Mojito meiner Reise.

 

Nach weiteren vier Tagen zog ich ein positives Fazit. Kuala Lumpur hat mich erobert. Obwohl ich mich hartnäckig geweigert hatte. Aber ich konnte nicht anders als dieser Stadt zu erliegen. Vor allem weil ich mich mittlerweile gut auskannte, wusste, was wie viel kostete, welche Monorail-Linie ich wohin nehmen musste, wo welche Mall war und sogar einen “Optiker des Vertrauens” gefunden hatte. Sollte ich jemals in einer anderen Stadt in einem anderen Land auf einem anderen Kontinenten arbeiten wollen, es wäre wohl Kuala Lumpur.

 

Was haben Nina und ich gelacht während dieser Woche. Getrunken, geraucht, geflucht, geshoppt, gelästert. Und gegessen. Ach, das Essen in Kuala Lumpur ist so gut! Es ist so lecker, dass ich in diesen Tagen gefühlte 5 Kilo zugenommen habe (vermutlich nur 0.5, dank langer Spaziergänge und Asia belly). Roti Naan und Roti Canai und Roti Pisang und Dal und Ayam und Curries. Die Art von Curry, die man nicht in den Touristenschuppen auf Palmblatt serviert bekommt sondern die man sich selber in einen Aluminiumnapf klatscht und die so lecker ist, dass man jeden Tag vorbei geht, bis man mit einem strahlenden Grinsen und heftigem Gewinke und Gejohle begrüsst wird. Eine meiner besten kulinarischen Erfahrungen bisher. Ich hätte am Liebsten einen dieser grossartigen indischen Köche mit nach Hause genommen, inklusive ihrer – ganz bestimmt – vom Grossvater geerbten Tandoori-Öfen. Nina, es war eine tolle Zeit mit dir. Dass wir zusammen die Fuselstrasse enterten, Gratisdrinks absahnten, im Dreck gegessen, wie alte Hausbesetzer im Treppenhaus unseres Hotels die Wäsche aufgehängt haben, die Füsse aus dem Fenster des 13. Stocks über dem Pool baumeln liessen, die Tiger von Malaysia vertrieben, vor dem 7-Eleven getanzt, Brillen und Sonnenbrillen und noch mehr Sonnenbrillen gekauft haben und noch Vieles mehr, das alles hat sich zu einem fantastischen Bild zusammengesetzt und ich kann guten Gewissens sagen, wenn irgendwo gestrandet, dann in KUALA LUMPUR!

 

Ich habe meine Zeit zum Überlaufen ausgeschöpft. Das Universum wollte mir die Stadt aus nächster Nähe zeigen. Chinatown und den Center Market und Little India und Bukit Bintang und und und. Erst konnte ich meine Tränen kaum zurück halten weil ich da bleiben musste und nun wollte ich beinahe nicht mehr gehen. Aber nur beinahe, denn endlich kam der Tag, an dem ich mich nach Chinatown aufmachte, um meinen Pass abzuholen. Klingt doch gut, “Ich hole meinen neuen Schweizer Pass in Chinatown ab. Hoffentlich ist er gut gemacht”.

 

Und wenn nichts Unerwartetes mehr dazwischen funken würde, wäre ich einen Tag später in Indonesien. Banda Aceh, ein mir völlig unbekannter Flecken Erde auf Sumatra.

 

Doch wie das Universum die Würfel fallen gelassen hatte, so lagen sie goldrichtig, denn dies, meine Freunde, war der Beginn eines fantastischen Surftrips und ich hätte mir keinen besseren Ort vorstellen können. Aber das ist eine andere Geschichte. Und diese Geschichte dauert noch an.

 

Sumatrageschichten...

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