Odyssee zu den Vitaminen

Nach fünf Tagen Spaghetti mit Ketchup und Sambal, Toast mit Erdnussbutter und Reis, Reis, Reis ohne alles hielt ich es nicht mehr aus. Langsam litten wir alle unter Mangelerscheinungen. Ausser frischem Fisch ab und zu hatten wir keine gescheite Nahrung zu uns genommen und so widmete ich mich der Mission "Food Shopping". Akribisch stellte ich eine Liste zusammen, erst auf Englisch, dann mit Hilfe von Gu - dem Spross der Familie und mein zukünftiger Einkaufsgefährte - auf Indonesisch. Da wir uns aber auf einer abgelegenen Insel befanden, konnte ich nicht einfach losspazieren. Wo gab es Lebensmittel? Und wie kam ich da hin? Gu erklärte mir, dass man auf einer der gegenüberliegenden Inseln einkaufen konnte. Er müsse aber ein Boot organisieren. Und Sprit. Mir war sofort klar, dass ich ihn begleiten würde. Ein Tagesausflug. YAY! Damit hatte Gu nicht gerechnet, er war aber absolut einverstanden und so kümmerte er sich um das Boot.

 

Etwas später kam er zur Hütte zurückgerannt und verkündete, ich solle mich beeilen, wir würden gleich losfahren. Sofort packte ich meinen Rucksack und folgte ihm auf dem Pfad zur Bootsanlegestelle. Eigentlich war es keine richtige Anlegestelle aber es war der Platz, an dem alle Fischer ihre Boote ankerten. Da standen also sechs Männer - die meisten rauchend - und warteten auf Anweisungen. Gu gab irgendwelche Befehle und die Männer setzten sich gemächlich in Bewegung. Die Franzosen standen abseits mit ihren Surfbrettern und beobachteten das Ganze mit einer gewissen Belustigung. Ich ebenfalls. Da es seit einigen Tagen ziemlich windig war und geregnet hatte, war das Meer keine spiegelglatte Fläche. Vielmehr glich es einer geschüttelten Cola. Schaumig. Dunkel. Ungestüm. Aber ich war zuversichtlich und als die Männer das Boot bis zur Hälfte ins Meer gestossen hatten winkten sie mich heran und ich betrat schwankend wie ein Betrunkener das kleine, schaukelnde Boot, dessen Farbe bereits teilweise vom Meerwasser weggespült worden war. Wir dümpelten einige Meter hinaus bevor Gu den Aussenbordmotor anwarf. Ich wagte einen Blick zurück über die Schulter und sah, wie die Franzosen mir grinsend zuwinkten und Sprüche wie "Es war schön, dich kennengerlernt zu haben" zuriefen; Sehr tröstend. Ich dachte mir meinen Teil. Für weitere Gedanken blieb aber keinen Platz, denn der Motor war so dermassen laut, dass er sich in mein Hirn hämmerte. Ich bestand nur noch aus diesem Lärm und dem Wiegen des Bootes. Ich schloss die Augen und liess die frische, salzige Luft meine Lungen füllen und den Wind mein Haar zerzausen. Das Meerwasser spritzte mir ins Gesicht und es fühlte sich an wie ein leichter Sommerregen.

 

Auf der Insel angekommen fühlte ich mich wie im Schlaraffenland. Wir steuerten den ersten von drei aufeinanderfolgenden Läden an, wobei das Wort Laden doch sehr überspitzt ist. Es waren Marktstände und offene Garagen mit Kisten voller Krimskrams. Aber neben dem Krimskrams gab es vor allem eins: GEMÜSE. Meine Augen leuchteten und ich schlug zu. Karotten, Tomaten, grüne Bohnen, Zwiebeln. Auch Kartoffeln und Eier kaufte ich. Und eine grosse Box Beng Beng‘s (Schokoladenriegel) sowie Tee und Kaffee. Am Abend würde es ein Festessen geben und ich konnte es kaum erwarten. Ganz verzweifelt suchte ich noch Früchte aber die waren wohl gerade ausverkauft.

 

Wir spazierten dann zu den anderen zwei Läden weiter und machten einen Rundgang auf dem bewohnten Teil der Insel. Da gab es sogar eine Kirche, eine Schule, Mopeds und überhaupt Menschen. Gu fragte verschiedene Leute ob sie Ananas zu verkaufen hätten. Oder Mangos. Aber leider vergebens. Ich gab mich mit dem gekauften Gemüse mehr als zufrieden, ergatterte noch ein Paar Flip Flops für $ 1.20 (welche ich noch heute besitze) und freute mich des Lebens.

 

Es sind halt doch die kleinen Dinge, die einen glücklich machen.

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