Die vermeintliche Flohattacke & der verlorene Schlüssel

Sumatra. Diese Destination war dazu bestimmt, von Geschichten und weiteren Geschichten beherrscht zu werden. Am Besten erzähle ich chronologisch.

 

Nach der ersten Nacht waren meine Arme und Beine übersäht von juckenden, roten Stichen. Kim und ich haben dann in enger Zusammenarbeit mit Google Flohbisse diagnostiziert und weil das Jucken nicht aufhören wollte und sich in ganzen Dorf kein geeignetes Mittel finden liess, fuhr ich mit dem Roller in die grosse Stadt. Dani – der Verwirrte, Hektische – voraus. Er navigierte mich dann zur ersten Apotheke und damit begann mein Unterhaltungsprogramm für die Acinesen. Natürlich sprach kein Mensch Englisch und so wanderte ich von Apotheke zu Apotheke zu Mall aber selbst mit (oscarverdächtiger) pantomimischer Darstellung, Zeichensprache, merkwürdigen Geräuschen und Zeichnungen haben sie mich nicht verstanden. Immerhin war in der letzten Apotheke ein Mann, der ein wenig Englisch sprach und so schrieb er mir auf, was ich denn genau brauche. Das hat mir aber leider auch nichts genützt, da in der ganzen Stadt kein Flohmittel, -shampoo, -pulver aufzutreiben war. Jedenfalls bin ich über die Strasse zum Indomaret gegangen um ein letztes Mal mein Glück zu versuchen. Fehlanzeige. Dafür habe ich Dani wieder angetroffen und wir beschlossen, gemeinsam zum Homestay zurück zu fahren. Weil mein Roller aber auf der falschen Strassenseite – entgegengesetzt dem Camp – parkiert war, bot Dani mir an, mein Bike durch die Baustelle auf die andere Seite zu befördern. Cool, dachte ich, und gab ihm den Schlüssel, oder, wollte ihm den Schlüssel geben. Er balancierte zig Einkaufstüten in seinen Armen und irgendwie ist das Unheilvolle passiert, wir haben den Schlüssel fallen lassen. Beide. Gleichzeitig. Wie mein Karma es wollte, befand sich direkt neben uns ein Abwasserkanal. NATÜRLICH plumpste der Schlüssel – ich habe es wie in Zeitlupe mitansehen müssen – genau in die stinkende Brühe. Fodes!

 

Wir fingen beide an zu fluchen (okay, ich glaube nur ich) und von einer Sekunde auf die andere entstand ein Tohuwabohu um uns herum. Fünf Männer kamen irgendwo hergerannt um uns zu helfen. Eine einzige Hysterie brach aus. Jemand kam mit einem Hammer und einer Eisenstange konnte aber das zugeschweisste Gitter nicht aufbrechen. Ich meinte, wir bräuchten einen Haken, da der Schlüssel an einem Ring befestigt war, also wurde die Eisenstange verbogen und mit einem Seil zwischen dem Gitter herunter gelassen. Hat auch nicht funktioniert. Dann wollte jemand durch den benachbarten Abwasserschacht waten, ist aber nach fünf Sekunden knietief in der Scheisse gestanden und wieder rausgeklettert. Jeder meinte, er sei ein Experte, was die Tiefe des Kanals betrifft und wo genau, in welchem Winkel sich der Schlüssel befände. Zu Siebt standen sie um das Gitter herum, sprachen quer durcheinander, rüttelten hin und wieder am Gitter, kratzten sich am Kinn, diskutierten weiter aber ganz ehrlich, niemand von uns konnte den Schlüssel durch diese grau-braune, übelriechende, undefinierbare Masse sehen.

 

Eine halbe Stunde später (oder mehr?) fiel mir ein, dass wir den Schlüssel ja eigentlich auch mittels Magnet rausfischen könnten. Sehr clever, Elina. Wo kriegen wir jetzt einen blöden Magneten her? Wieder ist einer losgeflitzt und kam mit einem rechteckigen, schwarzen Ding zurück, das aussah wie ein Stück Holzkohle, was sich aber schlussendlich als Magnet herausstellte. Sie brauchten nur einen Versuch und schon hatten sie den von Scheisse und Abwasser triefenden Schlüssel zutage befördert. HURRA UND HALLELUHJAH! Da konnte ich mich vor Lachen nicht mehr halten, es war absolute Situationskomik und einmalig aber ich war dann doch froh, als wir nach drei oder vier Stunden wieder im Homestay zurück waren. Inklusive Geschichte für Kim und Lorenzo, die sich köstlich amüsierten. Eine Geschichte ist ja bekanntlich nur so gut wie der Erzähler und so habe ich improvisiert und Mimik, Gestik und Spannung mit eingebaut. Alles zur Unterhaltung meiner Mitbewohner. Und das Ende der Geschichte: Es hat sich herausgestellt, dass es keine Flöhe waren sondern QUALLEN beim Surfen. Somit war die ganze Reise in die grosse böse Stadt inklusive Pantomime, Schlüssel verlieren, schwitzen, fluchen und kratzen überflüssig gewesen. Aber das war nur der Anfang meiner Sumatrageschichten, denn der Tag war ja noch nicht zu Ende.

 

Kommen wir also zur nächsten Geschichte...

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