Wenn eine eine Reise tut...

Auch von der schönsten Insel muss einmal Abschied genommen werden und da mir nur noch wenige Wochen bis zur Rückkehr blieben, lag die Entscheidung auf der Hand. Als ob ich geahnt hätte, dass ich dieses kleine Paradies bald verlassen würde, sog ich in den letzten zwei Tagen die ganze Umgebung, Natur und das Grün auf. Auf dem Rückweg vom Surfspot Pitstops ging in auf dem schmalen Dschungelpfad den Hügel hinauf. Umringt von Kokosnusspalmen blieb ich genau auf der Wurzel einer Palme stehen, als die Sonne schon beinahe untergegangen war. Die selbe Wurzel, auf der ich ausgerutscht und beinahe die Klippen runtergefallen wäre (siehe Welcome to the jungle). Bei Tageslicht sah aber alles so friedlich aus. Die letzten Sonnenstrahlen verwandelten die unruhige Oberfläche des Meeres in eine Strasse aus Silber und ganz vorne, dort wo das Wasser fast den Strand küsst, liess das Licht die kräuselnden Wellen wie eine Decke aus Baiser wirken. Wundervoll!

 

Nach einer Woche sind wir also spontan in den Süden Sumatras, nach Krui, gereist. Wobei dieser Trip mir wie eine niemals endende Irrfahrt vorkam. Auch heute noch. Um 10 Uhr morgens wussten wir aber noch nicht, dass wir sechs Stunden später in einem Schnellboot zurück nach Siberut sitzen würden. Wackeln, schaukeln, schwanken. Nicht Seekrank werden. Bloss nicht Seekrank werden. Um neun Uhr abends sassen wir nach einer geschichtsträchtigen Fahrt auf Mopet & Sidecar endlich auf der Fähre. Wir hatten uns zu fünft auf diesen Seitenwagen gequetscht, wie Hühner im Käfig, wie unfreiwillige Zirkusakrobaten verdrehten sich unsere Körper, einer hatte die Ferse des anderen im Rücken, einer den Ellbogen von jemandem und so weiter. Krämpfe, Rückenschmerzen, zerrissene Hosen, eingeschlafene Beine, alles war dabei. Und ich kann mich beim besten Willen nicht mehr erinnern, wo oder wie genau unser ganzes Gepäck transportiert wurde. Mit Wehmut dachte ich an den letzten Abend zurück. Als wir gemütlich mit den Nachbarn bei einem Fisch-Barbecue sassen, als nach einer Woche jeder ein kühles Bier trank und zum Nachtisch zur Überraschung und grosser Freude aller Wassermelone serviert wurde. Noch nie hatte ich mich so sehr über eine Wassermelone gefreut.

 

Auf der Fähre zurück nach Siberut begab sich jeder auf Einzelmission nach einem geeigneten Schlafplatz. Einer lag schräg in seiner dürftig befestigten Hängematte, einer in Embryonalstellung auf einer Holzbank, einer auf dem nackten Fussboden und ich auf einer dünnen Matratze, zugedeckt mit einem geklauten Laken bis der Regen mich aufweckte. Nach zehn Stunden kamen wir unausgeschlafen in Padang an, nur um anschliessend mit einem Bus weitere 15 Stunden durch die Pampas zu fahren, um dann mitten im Nirgendwo anzukommen. 1001 unbequeme Positionen inklusive. Beine angezogen, Beine über den Gang gestreckt, Beine längs, quer, über den Sitz gestreckt. Beine in den Pullover gesteckt, Laken, Hemd, alles zu Kissen umfunktioniert und trotzdem gefroren, da irgendjemand Hitzewallungen zu haben schien und die Klimaanlage auf Hochtouren lief. Geschlafen habe ich nicht.

 

Ohne Plan, wie wir nach Krui kommen sollten landeten wir in einem Kaff um 5 Uhr morgens. Kein Bus, kein Auto, kein gar nichts. Mir war alles egal und ich legte mich zwei Stunden auf einer überdimensionalen Packung T-Shirts - jawohl, T-Shirts, in Plastik, zum Verkauf irgendwo – aufs Ohr. Als ich aufwachte, kam gerade ein Strassenhändler vorbei und ich pumpte mich mit scheusslichem Instantkaffee voll. So war ich wenigstens wieder in der Lage einen Transport zu organisieren. Also ging es weiter im Minivan, nochmals 10 Stunden. Natürlich verlief auch diese Fahrt nicht ganz ohne Zwischenfall. Wir blieben eine Stunde - oder mehr - im Dschungel im Matsch stecken. Das muss man sich mal vorstellen: Eine ewiglange Kolonne aus Autos, Motorrädern und Lastwagen, mitten durch den Urwald, mitten in der Nacht. Der Wahnsinn!

 

Aber auch da kamen wir irgendwie wieder raus. Und so ging die kleine Reise weiter, bis wir schliesslich in dem Nest namens Krui ankamen.

 

Das würde also meine letzte Destination sein. Etwas hatte sich verändert. Ich spürte, dass ich bald nach Hause musste. Bevor es aber so weit war, würde ich die Zeit auskosten. Bis zum Letzten.

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